Karate & Geist
Die Kraft der Konzentration
Inhalt
- Zitat: Johannes Hartl
- Einleitung: Wo bist du gerade – mit deinen Gedanken?
-
Karate & Fokus: Mehr als nur Technik
- Die Geschichte von Dōgen
- Abschluss – Buchempfehlung
In unserem Format „Karate & Geist“ widmen wir uns einmal im Monat besonderen Themen – Themen, die nicht nur im Karate, sondern auch im Alltag eine wichtige Rolle spielen. Es geht um Werte, innere Stärke, Haltung und persönliche Entwicklung – um Dinge, die uns wachsen lassen, im Dojo genauso wie im Leben.
Mit diesen Impulsen möchten wir dir kleine Denkanstöße geben, die dich auch zwischen den Trainingsstunden begleiten und inspirieren. Du findest hier philosophische Texte, praktische Tipps, Porträts großer Karate-Meister und noch viel mehr.
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Wir wünschen dir viel Freude beim Lesen und Entdecken!
„Das worauf Du blickst, prägt Dich!
Worauf Dein Fokus gerichtet ist,
wird Dein ganzes Leben (sogar deinen Körper) prägen.“
Johannes Hartl
Theologe, Philosoph

Wo bist du gerade mit deinen Gedanken?
„Wo bist du gerade – mit deinen Gedanken?“
Im Karate zählt der Moment. Wer mit dem Kopf woanders ist, verliert das Gleichgewicht, den Rhythmus, die Klarheit.
Diesmal geht es um Fokus, Konzentration und geistige Präsenz – die Kunst, sich nicht ablenken zu lassen und ganz bei der Sache zu sein. Im Dojo und im Leben. In unserer heutigen Welt ist Ablenkung allgegenwärtig. Ständig klingelt etwas, blinkt, piepst oder ruft nach Aufmerksamkeit. Fokus wird zur Seltenheit – und gleichzeitig zu einer Superkraft.
Im Karate ist diese Fähigkeit nicht nur wünschenswert, sondern essenziell. Wer im Training mit den Gedanken abschweift, verliert Rhythmus, Technik und Wirkung. Wer im Kumite nicht absolut präsent ist, kann weder reagieren noch führen. Deshalb widmen wir diesen Beitrag einem zentralen Thema im Karate: dem Fokus.
Wir zeigen dir, wie Konzentration geübt, gestärkt und auch im Alltag genutzt werden kann. Ein starker Geist zeigt sich in klarer Aufmerksamkeit – hier und jetzt.

Karate & Fokus – Mehr als nur Technik
Fokus im Karate bedeutet mehr als „sich bemühen“. Es ist eine geistige Haltung, eine Ausrichtung auf das Wesentliche. Jede Technik, jeder Schritt, jede Haltung verlangt Achtsamkeit – und bringt sie zugleich hervor. In der Kata wird Konzentration sichtbar: präzise Bewegungen, klare Blickführung, kontrollierte Atmung. Im Kumite entscheidet der Moment: Nur wer ganz da ist, kann blitzschnell erkennen, reagieren oder führen. Im Grundschultraining (Kihon) üben wir Wiederholung mit wachem Geist – keine Automatik, sondern Bewusstheit.
Konzentration im Alltag – Was Karate lehrt
Was wir im Dojo trainieren, ist nicht auf den Trainingsraum begrenzt. Die Fähigkeit, sich zu fokussieren, hilft uns im Alltag – beim Lernen, Arbeiten, Zuhören, in Konfliktsituationen oder beim Erreichen unserer Ziele.
Karate lehrt uns, in einer schnellen Welt langsamer zu schauen, bewusster zu handeln – und störende Gedanken loszulassen.
Karate ist weit mehr als ein Kampfsport. Es ist ein Weg (Do), der Körper, Geist und Charakter gleichermaßen formt. Die Fähigkeit, sich zu konzentrieren, gehört zu den wichtigsten geistigen Fertigkeiten, die wir im Dojo trainieren. Und genau diese Fähigkeit hilft uns nicht nur bei Techniken, sondern auch im täglichen Leben – oft mehr, als uns bewusst ist.
Vom Dojo ins Leben: Konzentration als Lebenskompetenz
Im Training ist Konzentration offensichtlich: Wir müssen zuhören, Bewegungen beobachten, exakt ausführen, ruhig atmen. Wir üben, den Geist zu bündeln. Ablenkung hat keinen Platz – denn selbst kleine Unachtsamkeit kann eine Technik entwerten oder sogar verletzen.
Aber genau dieser bewusste Umgang mit der eigenen Aufmerksamkeit lässt sich in viele Lebensbereiche übertragen:
– In der Schule: Kinder, die gelernt haben, bei einer Übung im Karate-Training fokussiert zu bleiben, können auch im Unterricht leichter ihre Aufmerksamkeit steuern.
– Beim Lernen: Wer sich im Training auf Details einer Technik konzentrieren kann, entwickelt auch beim Lernen für Prüfungen ein besseres Gespür für Klarheit und Struktur.
– In Gesprächen: Konzentration bedeutet auch, richtig zuzuhören – ohne sofort zu bewerten oder mit den Gedanken woanders zu sein.
– In stressigen Momenten: Karate schult Atembewusstsein und Körperhaltung – beides hilft, auch in belastenden Situationen ruhig und klar zu bleiben.
Fokus = Innere Orientierung
Im Alltag fühlen sich viele Menschen überfordert, weil sie von zu vielen Dingen gleichzeitig eingenommen werden. Die Folge: mentale Erschöpfung, Stress, Unzufriedenheit. Karate vermittelt uns eine andere Haltung: Nicht alles auf einmal – sondern eins nach dem anderen, mit voller Präsenz.
Ein Tritt. Ein Atemzug. Ein Moment der Aufmerksamkeit. Diese Einfachheit ist der Schlüssel zu mehr Klarheit im Leben. Karate erinnert uns daran, was wirklich wichtig ist – in der Bewegung wie im Denken.
Achtsamkeit beginnt mit Haltung
Auch die körperliche Haltung beeinflusst unsere geistige Verfassung. Wer im Karate in den Stand geht, tut das mit Bewusstsein: aufrecht, geerdet, fokussiert. Diese Körper-Geist-Verbindung stärkt Selbstkontrolle und Präsenz. Und das wirkt auch nach außen: Menschen, die sich aufrichten und zentrieren, wirken selbstbewusster – und sind es oft auch.
Fazit:
Karate ist ein mentales Training. Es zeigt Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, wie sie ihre Aufmerksamkeit bewusst lenken können – und damit mehr Gelassenheit, Klarheit und innere Stärke entwickeln.
Fokus ist kein Zustand – es ist ein Weg, den wir Schritt für Schritt im Dojo üben … und im Alltag leben.

Die Geschichte von Dōgen – und was sie mit Karate zu tun hat
Vor über 800 Jahren, in Japan, lebte ein junger Mann namens Dōgen. Schon als Kind spürte er, dass das Leben mehr sein musste als das, was er sah. Er stellte sich Fragen, die tief gingen:
Was bedeutet es, wach zu sein? Wie kann man wirklich bei sich selbst sein? Was ist ein klarer Geist?
Mit nur zwölf Jahren ging Dōgen ins Kloster. Doch je mehr er dort lernte, desto unzufriedener wurde er. Die Mönche lasen viele Texte, diskutierten über Buddhas Worte – aber irgendetwas fehlte. Dōgen wollte nicht nur über den Weg sprechen – er wollte ihn gehen.
Also machte er sich auf eine lange, gefährliche Reise nach China. Wochenlang war er auf Schiffen, in Klöstern, in den Bergen unterwegs – immer auf der Suche nach echter Praxis. Und schließlich fand er, was er suchte: einen Zen-Meister, der ihm nicht viele Erklärungen gab – sondern nur eines sagte:
„Setz dich still hin. Und sei ganz da.“
Das war alles. Keine Zeremonie, keine langen Reden. Nur still sitzen, den Atem spüren, den Körper aufrichten, die Gedanken ziehen lassen wie Wolken. Diese Übung nannte man Zazen. Und für Dōgen war sofort klar:
Das ist es. Das ist der Weg.
Zurück in Japan gründete er ein Kloster, in dem nicht das Denken, sondern das bewusste Tun im Mittelpunkt stand. Ob sitzen, gehen, essen, fegen oder atmen – alles war Übung. Nicht, weil man besser werden wollte. Sondern weil man ganz im Moment leben wollte.
„Nur sitzen“, sagte Dōgen. „Nicht, um etwas zu erreichen. Sondern um zu sein.
Und was hat das mit Karate zu tun?
Sehr viel.
Denn auch im Karate geht es nicht nur um Technik. Es geht darum, den Geist zu schulen, den Moment zu spüren, voll da zu sein.
Wenn du eine Kata machst und mit den Gedanken bei den Hausaufgaben bist – spürst du das. Wenn du beim Kumite zu viel über den nächsten Punkt nachdenkst – verlierst du den Fokus. Wenn du deinen Partner wirklich siehst, nicht nur mit den Augen, sondern mit vollem Herzen – dann bist du im Jetzt.
Das ist Zen. Und das ist Karate.
Dōgen hätte gesagt:
„Übung und Leben sind nicht zwei Dinge. Wenn du achtsam stehst, gehst, schlägst oder atmest – bist du schon auf dem Weg.“
Du musst nicht in einem fernen Kloster sitzen.
Du kannst jeden Tag Karate üben – mit Geist, mit Herz, mit Fokus.
Dann wird das Dojo zu einem Ort des Lernens – und dein ganzes Leben zu einem Weg.

Fotocredit: https://johanneshartl.org
Buchempfehlung: Die Kraft eines fokussierten Lebens von Johannes Hartl
Passend zum Blog-Beitrag Fokus, können wir dir auch das Buch von Johannes Hartl ans Herz legen. In einer Welt voller Ablenkungen und ständiger Reizüberflutung stellt Johannes Hartl die Frage: Wie gelingt es, fokussiert zu leben? In seinem neuesten Buch zeigt er auf, wie kleine Schritte große Veränderungen bewirken können. Dabei verbindet er Erkenntnisse aus der modernen Psychologie mit der Weisheit biblischer Texte.
Hartl betont, dass es nicht nur um Disziplin oder Techniken geht. Vielmehr braucht es eine tragfähige Lebensvision – ein Leitbild, das Orientierung gibt. Der Fokus hilft, diese Vision durch kontinuierliche, kleine Schritte zu verwirklichen. Ein inspirierendes Buch, das dazu einlädt, das Leben neu auszurichten und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
„Fokussiertes Leben bedeutet, für das zu leben, was wirklich wichtig ist. Orientiert an den höchsten Werten. Der Mensch, der so lebt, hat Feuer in seinem Herzen.“ – Johannes Hartl